Amazons neue Gebührenstruktur: Was Händler jetzt wissen müssen

Das Frühjahr bringt nicht nur frische Blüten, sondern auch frische Änderungen für Amazon-Verkäufer. Der E-Commerce-Riese hat vor kurzem eine überarbeitete Gebührenstruktur angekündigt, die ab dem 2. Juni 2025 in Kraft tritt. Während Amazon von „mehr Flexibilität und Kontrolle“ spricht, fragen sich viele Händler: Was bedeutet das konkret für mein Geschäft und meinen Gewinn?

Die wichtigsten Änderungen im Überblick

Amazon nimmt Anpassungen in drei Kernbereichen vor: bei den „Besten Angeboten“, bei Blitzangeboten und beim Coupon-System. Schauen wir uns an, was sich ändert und welche Auswirkungen das haben könnte.

Flexiblere Laufzeiten für „Beste Angebote“

Eine positive Neuerung ist die Möglichkeit, die Laufzeit für „Beste Angebote“ individueller zu gestalten. Ab Juni können Händler die Dauer ihrer Angebote an jedem Wochentag zwischen 1 und 14 Tagen selbst festlegen. Dies ermöglicht eine bessere Anpassung an saisonale Verbrauchertrends und spezifische Unternehmensziele.

Wenn ihr beispielsweise wisst, dass eure Produkte besonders am Wochenende gefragt sind, könnt ihr gezielt für diese Tage Angebote schalten, anstatt auf starre Wochenblöcke festgelegt zu sein. Diese Flexibilität könnte besonders für Händler mit saisonalen Produkten oder bei kurzfristigen Marketingaktionen von Vorteil sein.

Von Fixkosten zu umsatzabhängigen Gebühren

Die wohl signifikanteste Änderung betrifft die Gebührenstruktur. Statt hoher Vorabkosten führt Amazon ein zweistufiges Modell ein:

  1. Reduzierte Grundgebühr: Die Vorabgebühr für „Beste Angebote“ sinkt drastisch von 70 Euro auf nur noch 4 Euro pro Tag. Bei Blitzangeboten reduziert sich die Gebühr von 35 Euro auf ebenfalls 4 Euro täglich.
  2. Zusätzliche prozentuale Gebühr: Neu hinzu kommt eine umsatzabhängige Gebühr von 0,75 Prozent des Angebotsumsatzes, die allerdings bei maximal 500 Euro pro Angebot gedeckelt ist.

Auf den ersten Blick klingt das nach einer Entlastung für Händler mit geringeren Umsätzen und einer höheren Belastung für diejenigen, die große Stückzahlen verkaufen. Aber ist das wirklich so?

Rechenbeispiel: Wann lohnt sich die neue Struktur?

Stellen wir uns ein „Bestes Angebot“ vor, das eine Woche (7 Tage) läuft:

Alte Gebührenstruktur: Fixe Vorabgebühr von 70 Euro, unabhängig vom Umsatz.

Neue Gebührenstruktur:

  • Vorabgebühr: 7 Tage × 4 Euro = 28 Euro
  • Plus 0,75% vom Umsatz (maximal 500 Euro)

Die neue Struktur wird teurer als die alte, wenn der zusätzliche prozentuale Anteil plus die Grundgebühr die alten 70 Euro übersteigen. Das wäre der Fall, wenn:

28 Euro + 0,75% × Umsatz > 70 Euro

Lösen wir nach dem Umsatz auf:
0,75% × Umsatz > 42 Euro
Umsatz > 5.600 Euro

Das bedeutet: Ab einem Umsatz von etwa 5.600 Euro für ein einwöchiges „Bestes Angebot“ würden die neuen Gebühren die alten übersteigen. Bei Angeboten mit höheren Umsätzen steigen die Kosten, bis sie die Obergrenze von 500 Euro erreichen.

Die Änderungen bei den Coupons-Gebühren

Auch bei den Coupon-Gebühren erfolgt eine Umstellung von einer rein stückbezogenen zu einer kombinierten Gebühr:

Alte Struktur: 0,50 Euro pro verkaufter Einheit mit Coupon.

Neue Struktur:

  • Vorabgebühr von 4 Euro pro Coupon (nicht pro verkaufter Einheit)
  • Plus 1,5% des Coupon-Umsatzes

Amazons eigene Beispielrechnung zeigt, dass die neue Struktur bei hochpreisigen Produkten tatsächlich günstiger sein kann. Bei niedrigpreisigen Artikeln mit hohen Stückzahlen könnte es jedoch teurer werden.

Reaktionen aus der Händler-Community

Die Ankündigung hat bereits gemischte Reaktionen in der Händler-Community hervorgerufen. Viele sehen die Komplikationen der neuen Gebührenstruktur kritisch. In den Kommentaren zum Artikel werden Bedenken geäußert, dass Amazon die Berechnung absichtlich komplexer gestaltet, damit die tatsächlichen Kosten schwerer zu kalkulieren sind.

Eine häufig geäußerte Kritik ist auch, dass die neue Struktur vor allem Amazon begünstigt und erfolgreiche Verkäufer mit höheren Umsätzen stärker zur Kasse bittet. Diese Skepsis ist nicht unbegründet. Die Komplexität der neuen Struktur macht es tatsächlich schwieriger, die tatsächlichen Kosten im Voraus zu kalkulieren, insbesondere für Händler ohne spezialisierte Analyse-Tools.

Strategische Überlegungen für Amazon-Händler

Wie sollten Händler nun mit diesen Änderungen umgehen? Hier einige strategische Überlegungen:

1. Umsatzprognosen erstellen

Um abzuschätzen, ob die neue Gebührenstruktur für euer Geschäft vorteilhaft oder nachteilig ist, solltet ihr basierend auf vergangenen Kampagnen Umsatzprognosen erstellen. Vergleicht dann die zu erwartenden Gebühren unter dem alten und dem neuen System.

2. Test mit kleinem Budget

Plant für den Juni einige Testangebote mit begrenztem Budget ein, um zu sehen, wie sich die neue Struktur auf eure spezifischen Produkte und Angebote auswirkt. Dokumentiert die Ergebnisse sorgfältig für zukünftige Entscheidungen.

3. Überdenken der Angebotsstrategie

Die kürzeren und flexibleren Laufzeiten könnten neue taktische Möglichkeiten eröffnen. Erwägt, mehrere kürzere Angebote statt weniger längerer Zeiträume zu testen, um die optimale Dauer zu ermitteln.

4. Fokus auf hochmargige Produkte

Da die Gebühren nun teilweise umsatzabhängig sind, könnte es sinnvoll sein, bei Angeboten verstärkt auf hochmargige Produkte zu setzen, die trotz der zusätzlichen Gebühren profitabel bleiben.

5. Überprüfung des Coupon-Einsatzes

Überlegt, ob Coupons für eure spezifischen Produkte unter der neuen Struktur noch sinnvoll sind. Bei niedrigpreisigen Artikeln mit hoher Stückzahl könnten alternative Promotionen vorteilhafter sein.

Fazit: Anpassung an die neue Realität

Die angekündigten Änderungen von Amazon sind weder eindeutig positiv noch eindeutig negativ – ihre Auswirkungen werden stark vom individuellen Geschäftsmodell abhängen. Für Händler mit kleineren Umsätzen könnten die reduzierten Vorabgebühren tatsächlich eine Entlastung darstellen und den Zugang zu Amazonas Werbeformaten erleichtern. Für umsatzstarke Verkäufer hingegen dürften die prozentualen Gebühren zu einer Mehrbelastung führen.

Wichtig ist, dass diese Änderungen nicht für Verkaufspeak-Events wie den Prime Day 2025 gelten. Hier bleibt die bestehende Gebührenstruktur zunächst unverändert. Amazon hat jedoch angekündigt, dass mögliche Änderungen für zukünftige Events im vierten Quartal kommuniziert werden.

Als erfahrener Amazon-Händler rate ich: Nehmt euch die Zeit, die Auswirkungen dieser Änderungen auf euer spezifisches Geschäft zu analysieren. Seid bereit, eure Strategie anzupassen, und betrachtet die neuen flexibleren Laufzeiten als Chance, eure Angebote noch gezielter auszusteuern. Die neue Gebührenstruktur mag komplexer sein, aber mit der richtigen Vorbereitung lässt sie sich zu eurem Vorteil nutzen.

Wie seht ihr die neuen Gebührenänderungen? Werdet ihr eure Angebotsstrategie anpassen? Lasst es mich in den Kommentaren wissen!

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